Einlauf statt Einkauf | Fasting in Thailand

(For English version see below)

Eigentlich alles wie immer. Zahnpasta auf die Bürste, im Mund verteilen und losputzen. Doch da war sie, eine völlig neue Erfahrung. Wie ein Kind, das klaut, ertappt man sich dabei, die Zahnpasta als “lecker” zu empfinden. Das war am Abend von Tag 3 unserer 5-Tages-Fasten-Kur.

Unsere Zeit in Thailand stand ganz im Zeichen unseres Beschlusses, mal wieder (Danie) oder erstmals (Ralf) zu fasten und uns fünf Tage nur von Tee, Wasser, Brühe und einem viertel Glas Fruchtsaft zu ernähren. Nun käme vermutlich der Ratgeber-hafte Teil der Aufklärung, wie gesund die Reinigung von Körper und Geist ist und welch jungbrunnengleichen Effekte mit dem Fasten erzielt werden können. Ein ehrlicher, und der vielleicht spannendere Teil der Antwort auf das “Warum” ist aber eher: Weil wir es können! Wir suchten uns einen schönen Bungalow mit Blick aufs Meer auf Koh Phangan und genossen fünf Tage Ruhe, bei denen unsere Körper im Mittelpunkt standen. Auch wenn wir währenddessen keinerlei Kopfschmerzen oder andere schwerwiegendere Einschränkungen verspürten, wäre es rückblickend vermessen, zu behaupten, die fünf Tage waren ein Klacks. Gerade bis zum zweiten oder dritten Tag hatten wir unsere Schwierigkeiten. Morgens fielen wir mit Wackelpudding-Beinen aus dem Bett und unsere Toleranzschwellen, bevor wir gereizt reagierten, schwankten wie der Meeresspiegel vor unserem Bungalow. Doch die Einsichten in Körper und Psyche waren den “Ausflug” wert. Es ist faszinierend zu erleben, wozu wir in der Lage sind. Wirklich gelitten haben wir nicht; im Gegenteil, wir verbrachten ziemlich normale Tage! Während des Fastens wurde uns sogar noch viel deutlicher als früher, dass Bewegung und Sport unser Befinden eher verbesserten, wenn wir uns vorher schlapp gefühlt hatten. Und wie gut tat es, zu spüren, dass die bloße Entscheidung, nichts zu essen, ausreicht, um dankend und mit Zufriedenheit Essen ablehnen zu können (wo doch gerade Ralfs Verlangen sonst frühestens mit dem letzten Krümel vergeht). Die fünf Tage haben uns freier gemacht, indem sie uns re-kalibriert haben und Essen den Stellenwert geben, den es verdient: Wir lieben es, zu essen und zu probieren. Und momentan treibt uns nicht die Angst, etwas zu verpassen, sondern die Neugier auf den bewussteren Genuss. Wir sind gespannt, wie sich dieses Bewusstsein über die kommende Zeit entwickelt.

Bevor wir auf Koh Phangan ankamen, bestimmte die Fastenvorbereitung unsere Zeit in Bangkok. Dort feierten wir eine kleine Family-Reunion und verbrachten weitere vier Tage gemeinsam mit Danies Bruder Marco, bevor auch er zurück in den deutschen Winter reiste. Zunächst galt es, einen ganz besonderen Punkt von unserem Wunschzettel zu streichen und ein Einlauf-Set zu besorgen (ja, Einläufe gehören zum Fastenalltag). Der Weg unsere Suche war gesäumt von rat- bis verständnislosen Blicken und gepflastert mit den Eingangstüren verschiedenster Geschäfte. Ein Apotheker verwies uns gar leicht panisch irgendwohin in die Nachbarschaft, bloß raus aus seinem Laden. Schließlich fuhren wir in einen der wirklich unzähligen Einkaufstempel, um dort in eine größere Apotheke zu gehen. Und tatsächlich wurden wir fündig! Zwischen Gucci- und Prada-Läden, auf Marmor-Fußboden dahingleitend, war Danie die glücklichste Frau der gesamten Mall, weil wir endlich ein Einlauf-Set erstanden hatten.

Apropos Fasten: Unsere Stationen in Thailand offenbarten uns sehr eindrücklich, warum Touristen-Fasten, also das gute Gefühl die “wahre” Welt zu erleben anstatt in großer Menge zum nächsten Highlight zu pilgern, so schwierig ist. Im Khao Yai, einem eher entlegenen Nationalpark nordöstlich von Bangkok, stiefelten wir auf eigene Faust durch den menschenleeren Dschungel, besuchten die Durian-Farm (im Deutschen heißt Durian auch “Stinkfrucht”) der Familie, die unser Hotel führte, und tranken Coca Cola, weil sie im Restaurant zu jedem Essen anstatt Wasser mit auf den Tisch gestellt wurde. Zwei Wochen später bewunderten wir die berühmte Schönheit der Strände von Krabi… in einem Mehr an “guter” Gesellschaft und mit Zugeständnisse hinsichtlich der Größe des Schattenflecks, den wir ergattern konnten. Zusammengenommen verdeutlichten uns unsere Erlebnisse die “goldene Regel der Reisemechanik”: Was man an Reiseaufwand spart, muss man an Touristenzahl zulegen. Weder war der Weg nach Nakhon Nayok besonders komfortabel noch hatte die Stadt ein reichhaltiges Touri-Angebot. In einem normalen zwei-Wochen-Urlaub hätte uns vermutlich nichts dorthin verschlagen. Aber genau das war ausschlaggebend für die authentischen Erfahrungen, die wir dort machten. Im Gegenzug verdanken die berühmten Orte ihrer Berühmtheit, dass sie deutlich leichter zu erreichen sind, nicht nur für uns, sondern auch für alle anderen. Was für Sport stimmt, zählt wohl auch fürs Reisen: No Pain, no Gain!

Was wir von Thailand nicht vergessen werden:

  • Unseren Motorradausflug in den Khao Yai Nationalpark. Wir wanderten durch dichten Dschungel, sahen einen asiatischen Schwarzbären, Gibbons und (noch viel wichtiger) wilde Hühner und machten ganz nebenbei noch unseren Moped-Führerschein auf unserer Honda mit Korb und Halbautomatik.
  • Fast wären wir aus der Zeit gefallen, als wir stundenlang über das Bangkoker Pendant des Berliner Mauerpark schlenderten. Auf dem Weekend Market gabs von lokalen Designer-Stücken bis zu lokalen Hundebabies wirklich alles!
  • Unseren Ausflug in die Muay-Thai-Arena! Wir sind noch immer unschlüssig, was uns mehr faszinierte: Die fliegenden Fäuste der Kämpfer im Ring, oder die wild gestikulierenden Hände der nach Wettpartnern suchenden, schreienden Besucher im Rest der Arena.
  • Zum Glück bestand Danie darauf, die Stunden bevor wir Bangkok verließen, noch sinnvoll nutzen. Das bescherte uns busenreiche Einblicke in die asiatische Gegenwartskunst, die wir im MOCA (Museum of Contemporary Art Bangkok) bestaunten.
  • Während des Fastens verkürzte uns ein abwechslungsreicher Ausflug in den Mu Ko Ang Thong Nationalpark mit seinen 42 Inseln die Zeit. Wir kayakten die Küste entlang, badeten an herrlichen Stränden und überblickten die atemberaubende Insellandschaft. Und bei Windstille ist bestimmt auch das Schnorcheln ein Erlebnis.
  • Die schönste Aussicht über den Railay Strand in 10 m Höhe am Kletterseil.

Business as usual: The toothpaste on the brush, then distributing in the mouth, and ready to go. But suddenly, there was this completely new experience. Like a child when copped while stealing, we caught ourselves considering the toothpaste as “delicious”. That was the third evening of our 5 day fasting cure.

Our time in Thailand was all about our decision to fast once again (Danie) or for the first time (Ralf) and live for five days only on tea, water, vegetable broth and a quarter glas of fruit juice per day. Now, the advisory part of our enlightenment could follow: how healthy it is to cleanse body and mind regularly, and that fasting is considered as a fountain of youth etc. An honest, and perhaps more exciting part of the answer “why” we decided to fast: Because we can! We booked a beautiful bungalow overlooking the sea on the Thai island Koh Pha-ngan and enjoyed five days of rest with our bodies in focus. Even though we did not feel any headaches or any other serious discomfort, in retrospect, it would be presumptuous to say the five days were a no brainer. Especially the second and third day surprised us with some difficulties. In the morning we fell out of bed with jelly-like legs, and our tolerance thresholds to react irritated fluctuated like the sea level in front of our bungalow. But the insights into body and psyche were worth the “excursion”. It is fascinating to experience what we are capable of. We did not suffer badly; on the contrary, we spent close to normal days! During the fast, we became even more aware that exercise is improving our well-being even if we felt weak before. And it was enlightening to realize that the mere decision not to eat, is enough in order to be able to refuse food thankfully and with satisfaction (so far Ralf’s desire ended earliest with the last crumb). The five days re-calibrated us, now giving food the value it deserves: we love to eat and taste. And right now we are not driven by the fear of missing something, but by the curiosity for a more conscious consumption. We are curious how this awareness will develop over time.

Before we arrived on Koh Pha-ngan, the fasting preparation determined our time in Bangkok. There, we celebrated a small family reunion and spent another four days together with Danie’s brother Marco, before he flew back into the German winter, too. First of all, it was necessary to tick off an important point from our to-do list: We had to get an enema set (yes, enemas are part of the fasting routine). And this turned out to be a challenge. Several pharmacists quickly referred us to somewhere else in the neighborhood, but please just out of their shop. Finally we drove to one of the really countless, gigantic shopping malls to go to a larger pharmacy. And in fact, we found what we were looking for! Between Gucci and Prada stores, gliding on marble floors, Danie was the happiest woman in the entire mall because we had finally got an enema set.

Speaking of fasting: Our stations in Thailand revealed to us very impressively, why tourist fasting is so difficult. The incredible feeling to experience the authentic world instead of being part of a pilgrimage with many other tourists isn’t easy to get. In Khao Yai, a rather remote national park northeast of Bangkok, we went on our own through the unpeopled jungle, visited the Durian farm (in German Durian is also called “stink fruit”) of the family who ran our hotel, and drank free Coca Cola in a restaurants, because they put it on the table with every meal instead of water. Two weeks later we admired the famous beauty of the beaches of Krabi – but together with a bunch of other people and concessions regarding the size of the shadow spot we could get hold of. Taken together, our experiences clarified the “golden rule of travel mechanics”: The less travel effort you take, the more tourists you are about to see. Neither was the way to Nakhon Nayok particularly comfortable nor had the city a rich tourist offer. In a normal two-week holiday, we probably would have never gone there. But that was the key to the authentic experiences we made there. In return, the famous places are much easier to reach, not just for us, but for everyone else. What’s a rule for sports, probably also counts for traveling: No Pain, no gain!

What we will not forget from Thailand:

  • Our motorcycle trip to the Khao Yai National Park. We hiked through dense jungles, saw an Asian black bear, gibbons and (even more importantly) wild chickens and incidentally made our motorbike driving license on our semi-automatic Honda with basket.
  • We almost fell out of time as we strolled for hours over the Bangkok counterpart of the Berlin Mauerpark. At the Weekend Market, there was really everything from local designer pieces to puppies!
  • Our trip to the Muay Thai Arena! We are still not sure what was more fascinating: the flying fists of the fighters in the ring, or the wildly gesticulating hands of screaming visitors looking for gambling partners in the rest of the arena.
  • Fortunately, Danie insisted to make use of the last hours we had before leaving Bangkok. This provided us with rich (boobs-focused) insights into Asian contemporary art, which we admired in the MOCA (Museum of Contemporary Art Bangkok).
  • During the fast, a diverse trip to Mu Ko Ang Thong National Park with its 42 islands shortened our time. We kayaked along the shore, swam on beautiful beaches and overlooked the breathtaking islands landscape. And surely, when the wind is calm the snorkeling is going to be worth it.
  • The most beautiful view over the Railay beach at 10 m height on the climbing rope.