Puffreis & Verkehr | Frantic India

(For English version see below)

Nach insgesamt 6 Wochen im größten Land zwischen Himalaya und Südpol sind unsere Eindrücke noch so unsortiert wie unser indischer Touristenalltag. Dieser war vor allem laut, bunt, würzig und durchweg unterhaltsam. Ständig auf der Flucht vor dröhnenden und allgegenwärtigen Auto-, Bus- und Tuktuk-Hupen haben wir die ein- oder andere idyllische Großstadtperle in Delhi, Agra, Jaipur und Mumbai entdeckt. Auf einige Begleiter war dabei stets Verlass, wie etwa den intensiven Rosenwasserduft (was Iraner ans Essen mischen, tragen Inder bevorzugt auf der Haut) oder die eifrigen indischen Selfie-Jäger. Besonders die motivierten Hobbyfotografen sorgten bei uns für ein gesteigertes Tagespensum: nur keine Langeweile durch Rumstehen oder -sitzen andeuten! War der erste Einheimische auf der Suche nach einem Schnappschuss mit exotischen Ausländern einmal angelockt, setzte das eine unaufhaltsame Kettenreaktion in Gang und der eigentliche Tagesplan wurde hinfällig (aber wir wollen ja eh nicht so viel planen). Aber die Tage in Indien schienen ohnehin recht kurz. Wir sind uns nicht sicher ob dies an der früh einsetzenden Smog-bedingten Abenddämmerung lag oder an den unzähligen verführerischen Street-Food-Ständen, die uns teils stundenlang an ein und derselben Straßenecke fesselten. Das Essen vertrugen wir – entgegen aller Vorhersagen, und mit winzigen Ausnahmen – hervorragend.

Auch die allseits angekündigte Vermüllung Indiens haben wir nicht so fatal erfahren wie erwartet (vielleicht sind wir nach 5 Reisemonaten auch einfach erwartungsärmer). Ja, es gab diese Schandflecken, die auch wir empört dokumentierten: Müllberge an Straßenecken, die von der städtischen Müllabfuhr nach dem Straßenfest am Vorabend noch nicht entfernt worden waren; oder kilometerlange Abfallstriche entlang der Bahngleise. Von letzteren Kunstwerken moderner Zivilisation war an den Bahnhöfen selbst und in den Zügen keine Spur mehr. Die aufgeräumten Wartehallen haben mehr bequeme Sitzplätze und saubere Toiletten als der Flughafen Berlin-Schönefeld, und in den Schlafwagen gibt es frisch gebügelte Bettwäsche (leider keine Selbstverständlichkeit in indischen Hotels). Die Zugfahrten selbst gleichen eher Langstreckenflügen mit teils mehrgängiger Vollverpflegung, d.h. beste indische Küche gibt’s an den Sitz oder ans Bett serviert. Die regionalen Züge entsprechen dann schon eher den Erwartungen an indische Fortbewegungsmittel: Noch während der Einfahrt ins Bahnhofsgebäude springen Passagiere vom Zug, um nicht von den Dutzenden Aufspringenden am Aussteigen gehindert zu werden (dann versteht man auch, weshalb hier auf das Schließen der Türen verzichtet wird).

Indien hinterlässt bei uns ein mächtiges Durcheinander. Die Eindrücke aus dem indischen Alltagschaos stehen im starken Kontrast zu denen aus unserer zurückgezogenen, spirituellen Yogaausbildung. Vielleicht ist es genau das, was wir aus Indien mitnehmen sollen: Die Kraft des Gleichgewichts. Egal wie laut, hektisch und drückend die Tage hier auch waren, unsere täglichen Yogaeinheiten sorgten für den physischen und psychischen Ausgleich. Und wer Ordnung, Ruhe, Reinheit und Ästhetik im Geiste findet, sucht sie vermutlich weniger um sich herum. Ein beneidenswerter Zustand.

Bitte akzeptiere die Verwendung von Youtube cookies um dieses Video abzuspielen. | Please accept YouTube cookies to play this video.

Bei Bestätigung wird Inhalt von Youtube geladen, ein Service, der extern von Dritten zur Verfügung gestellt wird. | By accepting you will be accessing content from YouTube, a service provided by an external third party.

YouTube privacy policy

Deine Bestätigung wird gespeichert und die Seite neu geladen. | If you accept this notice, your choice will be saved and the page will refresh.

The Sound of India – A few scenes of our travel through India’s north.

Was uns amüsierte:

  • Wo bei uns 1-GB-Datenpakete pro Monat angeboten werden, erhält man hier 1,4 GB pro Tag! Kein Wunder, dass Netflix mit allgegenwärtiger Werbung versucht, die Inder auf ihr Portal zu locken.
  • Von wegen korrupt: Am Tag vor einer politischen Wahl darf ab 17:30 Uhr landesweit kein Alkohol mehr verkauft werden. So soll die Bestechung Obdachloser mit Alkohol zur Wahlbeeinflussung vermieden werden.
  • Jeder Asientourist kennt dieses Bild: Autowerkstätten, Bäckereien, Apotheken etc. sind nicht etwa gleichmäßig über die Stadt verteilt, sondern thematisch geordnet im gleichen Straßenzug. Wo wir Abendländer uns von unserer Konkurrenz inhaltlich und geographisch abzugrenzen versuchen, setzen die Asiaten auf Gleichheit. Same, same but different.
  • Für Supermarkt-Junkies ist Indien ein hartes Pflaster: Nur 2 Supermärkte in 6 Wochen. Zum Glück gab es Danies neues Suchtobjekt “Katha Meetha” auch an jedem Kiosk.
  • Diskriminierung Deluxe: Ausländer zahlen teilweise den 20-fachen Eintrittspreis; bekommen dafür aber auch eigene Warteschlangen. Während Inder ca. 2 Stunden am Taj Mahal anstanden, konnten wir direkt hinein laufen.
  • Die Mehrheit der Inder wollen faire Bedingungen für Touris: Während wir völlig zufrieden über den ausgehandelten Fahrpreis in ein Taxi einsteigen, fühlten sich vorbeilaufende Einheimische dennoch genötigt, einen noch günstigeren Preis für uns zu verhandeln.
  • Was bei uns die Unverbindliche Preisempfehlung (UVP), ist in Indien der stets aufgedruckte maximale Verkaufspreis (MRP: Maximum Retail Price). Wir finden das Konzept spitze, denn so müssen wir uns nicht mit lästigen Preisverhandlungen herumschlagen.
  • Müllsammeln macht Spaß. Zumindest vermitteln das die täglich durch Jaipur fahrenden Müllautos, aus deren Lautsprechen motivierende Liedtexte trellern: “Mein Jaipur ist so sauber, mein Jaipur ist so schön…”

Unsere touristischen Highlights:

  • Eine Tour durch Mumbais Dharavi, einen der größten Slums der Welt und gleichzeitig Drehort für Slumdog Millionaire. Man wird überrascht, wie geschäftig und nachhaltig es dort ist (wir waren mit den Slumgods unterwegs).
  • Einen Platz an der (nichtgeschlossenen) Zugtür in einem lokalen Zug sichern. Frischluft garantiert.
  • Schlemmen an den zahlreichen Street-Food-Ständen. Man kann nichts falsch machen, ob Samosa (gefüllte Weizenmehltaschen), Pakora (in Kichererbsenmehl frittiertes Gemüse), Bhel Puri (Puffreissalat) oder Mysore Masala Dosas (gefüllter knuspriger Reis-Linsen-Pfannkuchen)
  • Die morgendlichen Yogastunden auf der Dachterasse im idyllischen Homestay Explorer’s Nest in Jaipur und die spirituellen Gespräche mit dem Host Arvind! Wer hätte gedacht, dass wir einmal im 4-Füßler-Stand mit herausgestreckter Zunge Löwengeräusche von uns geben (um den Hals zu öffnen).
  • Sich im endlosen Labyrinth-artigen Gängen der Bernstein-Festung (Amber Fort) bei Jaipur verlieren. Was für ein Spaß. Als Kind wären wir hier völlig durchgedreht.
  • Taj Mahal in Agra. Man kann es einfach nicht abstreiten, dieses moderne Weltwunder hat seinen Titel verdient. Ein weißes Meisterwerk islamischer Baukunst. Und solche dominiert überraschender Weise Indiens kulturelles Erbe.
  • Akshardham-Temple in Delhi. Dieser erst 2005 eröffnete Palast ist geballte Hindu-Kultur und -Architektur, die wir andernorts fast vermissten.
  • Nicht nur Hindis und Moslems haben ihre Signatur in Delhi hinterlassen. Der Lotustempel ist ein zauberhaftes Zentrum einer der kleinsten Weltreligionen, der Baha’i.

Our impressions of the last 6 weeks in the largest country between the Himalayas and the South Pole are still chaotic – similar to our Indian travelling days. These were loud, colorful, spicy and always entertaining. While attempting to escape from the roaring and ubiquitous honking of cars, busses and tuk-tuks, we discovered several idyllic spots in Delhi, Agra, Jaipur and Mumbai. On our trips we enjoyed some reliable companions, such as the intense rose-water scent (apparently, Indians wear on their skin what Iranians mix with food). Or the eager Indian selfie hunters, who used even the smallest breathing pause to approach us. And once the first locals selfie-posed with us exotic foreigners, an unstoppable chain reaction started and all further plans for the day had to be cancelled (we don’t want to plan anyway). But the days in India were pretty short anyway; not sure if this was due to the early onset of smog-induced dusk, or to the myriad of seductive street food stalls which we got involved in sometimes for hours. Speaking about food, we were lucky in tolerating all of it pretty well – contrary to all predictions, and with tiny exceptions. Another ever-debated issue, the littering in India, we did not find as fatal as expected (or maybe our expectations dropped after five months of travelling). Of course, occasionally we encountered those stains: piles of garbage from last night’s street party still to be cleared by the municipal garbage collection; or kilometers of waste along the railway tracks. The latter art works of modern civilization, however, were not to be found at the stations or in the trains themselves. Quite the reverse, the waiting halls were exceptionally tidy with more comfortable seats and clean toilets than the airport Berlin-Schönefeld. The sleeping coaches surprised with freshly ironed bed linen, an amenity that was unfortunately not offered in every Indian hotel. The train rides themselves resembled long-distance flights often with multi-course full board: Indian cuisine served to the seat or bed. To get the “true” experience of Indian public transport, it required a jump (literally!) on one of the regional trains. And before we got on, other passengers had already jumped off the running train, to not be pushed back in from the entering crowd (maybe, this is why the doors never close here).

We leave India with quite a mess in our heads. The impressions of India’s everyday chaos strongly contrast those of our quiet, spiritual yoga training. Maybe this is exactly the lesson we take from here: It is all about balance. Days full of sounds, rush or heat – no matter what, our daily yoga sessions were the perfect physical and mental compensation. Presumably, those who find order, peace, purity and aesthetics in their minds may not need to look for them outside.

Things that made us laughing:

  • While mobile data packages with one GB data per month are offered in Germany, you get 1.4 GB per day here! No surprise that Netflix ads are flooding India.
  • When it comes to corruption: no alcohol is served in bars and restaurants from 5:30 pm onwards the day before a political election. In this way, influencing the vote of homeless people by offering free alcohol should be prevented.
  • Every Asian tourist has encountered it: car repair shops, bakeries, pharmacies, etc. – all of them are not evenly distributed across the city, but are clustered by “theme”. In the western world we seek to distinguish ourselves from competitors in terms of content and location; Asians are counting on conformity. Same, same but different.
  • For supermarket junkies, India is a hard patch: only 2 supermarkets in 6 weeks. Luckily, the new snack favorite “Khatta Meetha” was available at every kiosk.
  • Discrimination Deluxe: foreigners sometimes pay 20 times the entrance fee; but also get their own queues. While Indians waited more than 2 hours at the Taj Mahal, we could walk right in.
  • The majority of Indians want fair conditions for tourists: while we were fully satisfied about the negotiated fare in a taxi, passing-by locals negotiated an even cheaper price for us.
  • In Germany we know the recommended retail price (RRP); In India the maximum retail price (MRP) is used. We like this concept – no need for annoying bargaining.
  • Garbage collection is fun. At least that’s what the Jaipur garbage trucks “sing” every day, with motivational lyrics banging from their roof speakers: “My Jaipur is so clean, my Jaipur is so beautiful …”

Our tourist highlights:

  • A tour through Mumbai’s Dharavi, one of the largest slums in the world and also film set for Slumdog Millionaire. It is surprising, how busy and sustainable this quarter is (we went with the Slumgods).
  • Secure a spot at the (unlocked) door of a local train. Fresh air guaranteed.
  • Dine at the numerous street food stalls: Samosa (filled wheat flour bags), Pakora (fried vegetables covered in chickpea flour), Bhel Puri (puffed rice salad) or Mysore Masala Dosas (stuffed crispy rice-lentil pancakes).
  • The spiritual conversations and morning yoga classes on the roof terrace in the idyllic homestay “Explorer’s Nest” in Jaipur with the host Arvind! Wouldn’t have believed it a few months ago: We were roaring like lions in the table top position with our tongues stretched far out.
  • Losing ourselves in the endless labyrinth-like corridors of Amber Fort close to Jaipur. What a blast. As kids we would have went completely wild here.
  • Taj Mahal in Agra. You just can not deny it, this modern wonder of the world has earned its title. A white masterpiece of Islamic architecture (which surprisingly dominates India’s cultural/architectural heritage).
  • Akshardham Temple in Delhi. Opened in 2005, this palace is a masterpiece of Hindu culture/architecture.
  • Not only Hindus and Muslims have left their signature in Delhi. The Lotus Temple is a magical center of one of the world’s smallest religions, the Baha’i.