Zu Hause in Ostasien | With heart & Seoul in Korea

(For English version see below)

In Länder-Rankings zur durchschnittlichen Arbeitszeit pro Jahr belegt Südkorea beständig einen Platz auf dem Podium. Da fragten wir uns, wie sich die unzähligen Cafés, mit denen uns Seoul begrüßte, überhaupt halten können? Wenn alle immer nur arbeiten. Naja, wir hatten ja Zeit… die wir nicht nur zum Kaffeetrinken brauchten. Außerdem tauchten wir in die unzähligen Zentren der Stadt ein und durchstreiften die zu Hipster-Hochburgen verwandelten Markt- und Industriehallen, wodurch wir uns erstaunlich schnell heimisch fühlten.

Dieses Gefühl von Heimat – woher kam das nur? Reichte schon die Mischung aus funktionierendem Nahverkehr, öffentlichen Sitzgelegenheiten und Fußgängerzonen um unsere Herzen zu öffnen? Während wir Zaha Hadids “Kunstwerk”, den Dongdaemun Design Plaza, bewunderten, wurde es uns im wahrsten Sinne des Wortes sonnenklar: Wir waren wohl zu lange in Äquatornähe gereist, und hatten lange keine ausgiebige Abenddämmerung mehr erlebt. Dieses typische Licht der Dämmerung, das nun das gesamte Gebäude in ein strahlendes Gold tauchte, gepaart mit der uns umwehenden warmen und trotzdem klaren Luft… es war wie zu Hause! Seit mehr als einem Jahr mit sommerlichen Temperaturen spürten wir erstmals wieder heimische Sommerabendgefühle.

Was uns an Seoul außerdem begeisterte:

  • das Streetfood-Paradies im (Netflix-berühmten) Gwangjang Market und die Food-Tour durch selbigen, ohne die wir dieses Nationalgericht sicher nicht probiert hätten: Yukheo und Nakji tangtang yi, rohes Rind garniert mit noch zappelndem Oktopus
  • die vielen charmanten Zentren der Stadt und ihre Cafés, z.B. dem hippen Yongsan-gu mit den niedlichen Cafés, die den alten Sinheung-Markt mit neuem Leben füllen (ohne den Oraegage Tourplan der Touri-Info fast nicht zu finden)
  • ein Gang durch das Leeum-Samsung-Kunst-Museum, das  mit modernster Technik historische Fundstücke präsentiert
  • eine interessante, wenn auch leicht verstörende Tour in die Entmilitarisierte Zone zwischen Nord- und Südkorea; faktisch besuchten wir schließlich ein Land im Krieg,  für dessen Ende die Südkoreaner vorsorglich schon mal einen Grenzbahnhof gebaut haben (der momentan aber nur als Touristenattraktion fungiert)
  • der Besuch eines K-Performance Musicals; dank Untertitel via Tablet haben wir sogar verstanden, worum es ging; ohne Inhalt hätten wir uns aber vielleicht noch besser auf die dynamischen und ausdrucksstarken Darsteller konzentrieren können
  • die farbige, schlichte Schönheit der vielen alten Paläste, die sich über die Stadt verteilen

Gerade noch rechtzeitig, um die Vielseitigkeit Südkoreas entdecken zu können, rissen wir uns nach fünf Tagen von Seoul los (obwohl noch immer ein Großteil der Top-Sehenswürdigkeiten auf der To-do-Liste waren). Auf unserem Road-und-Boat-Trip durchlebten wir Kulturschocks der ganz besonderen, der modernen, Art:

  • völlig “neu” war es für uns, in wenigen Stunden wieder mehrere hundert Kilometer zurücklegen zu können; mit verlässlichen Abfahrts- und Ankunftszeiten, aber auch mit regelmäßigen Toilettenstops (in Südostasien fuhr ein Bus gerne mal 8 Stunden ohne Pause durch)
  • das Klopapier kam allerorts wieder in die Schüssel, nicht in den Mülleimer daneben; dass das nicht nur für uns ungewohnt war, bewiesen etliche Hinweisschilder, die das richtige Vorgehen nochmals bildlich verdeutlichten
  • Wandern war wieder ein Do-it-yourself-Hobby, das ohne Tourguide und Bezahl-Kontrollpunkte funktionierte; und für das man einfach mit den öffentlichen Verkehrsmitteln an- und abreiste
  • GoogleMaps war zur Routenbestimmung völlig unbrauchbar; KakaoMap funktionierte deutlich besser, verstand dafür aber nur schlecht Englisch, so dass die Kombination aus beiden unser Goldstandard wurde
  • zurück in der westlichen Welt gab es auch wieder westliche Preise… wir teilten bereitwillig die Daten einer SIM-Karte mittels Hotspot, anstatt für zwei zu zahlen  (30 Tage mobiles Internet kosteten uns 43 €)

Doch nicht nur die Moderne, auch das Traditionelle wusste zu überraschen. Während unserer Übernachtungen in einem traditionellen Hanok-Haus mussten wir unter Schmerzen feststellen, dass für koreanische Futon-Nachtlager Wörter wie “Bett” oder “Matratze” sehr minimalistisch interpretiert werden (passt ja irgendwie auch zum Design). Die liebenswürdige Art und die Gastfreundlichkeit des Hotelbesitzers  ließen uns die Strapazen der Nacht am Morgen aber schnell wieder vergessen. Überhaupt wurden wir überall von äußerst zuvorkommenden Menschen empfangen. Prinzipiell wirkten die Südkoreaner eher vorsichtig auf uns; zusammen mit ihrer höflichen Art machte sie das zu hervorragende Gastgebern. Wäre da nicht die Sprachbarriere gewesen… so mussten wir unsere Dankes- und Freudesbekundungen beschränken auf die Verständigung mit Händen und Google-translate (Füße haben sich noch nie gut geeignet zum Erzählen).

Hin und wieder kam es jedoch vor, dass ein Südkoreaner regelrecht euphorisch das Gespräch suchte. Oft erklärte sich das anschließend damit, dass ein großer Schluck Bier oder Makgeolli vergessen geglaubte Sprachkenntnisse zu Tage förderte und gleichzeitig die vornehme Distanz abbaute. An Makgeolli, dem koreanischen Reiswein, fanden auch wir Gefallen, doch die großen Begeisterungsstürme hatten wir, mal wieder, beim Essen. Es gab reichlich Streetfood und außerdem viele Buddhisten. Und wenn wir eins gelernt haben, dann ist es: wo man praktizierenden Buddhisten begegnet, sind gute Vegetarier-Restaurants mit “temple food” nicht weit (wie das Dasoni auf der Insel Jeju).

Noch mehr Höhepunkte:

  • den Ulsanbawi-Felsen im Seoraksan-Nationalpark erklimmen, vorbei an den pittoresken Buddhisten-Klöstern
  • ein Tagesausflug nach Gyeongju, einem “Museum ohne Dach”, inklusive der Besichtigung der verwinkelten Bulguksa-Tempelanlage
  • Spaziergänge in Hanok-Dörfern, egal ob in Seoul, Jeonju oder Gyeongju
  • lokale Restaurants mit Bibimbap auf der Speisekarte; diese Mischung aus Reis und frischem Gemüse war köstlich und vegetarisch bestellbar (zumindest leben wir in diesem Glauben)
  • Gimbap, das koreanisches Sushi, hatte genau das, was wir an japanischer Sushi oft vermissten: mehr Füllung als Reis,, und unser “Königs-Gimbap” war zusätzlich umhüllt von einem Omlett.
  • ein Lauf entlang des Trails um den Songaksan-Vulkan auf Jeju Island.

In country rankings of average working hours per year, South Korea consistently occupies a place on the podium. So we wondered how the countless cafés with which Seoul greeted us could hold their own at all if everyone is just working. Well, we had enough free time… which we didn’t only need to drink coffee, though. We also plunged into the countless centers of the city and roamed through former markets and industrial halls that had been converted into hipster strongholds, which made us feel at home surprisingly quickly.

This feeling of home – where did it come from? Was the mixture of functioning public transport, public seating and pedestrian zones enough to open our hearts? While we admired Zaha Hadid’s “work of art”, the Dongdaemun Design Plaza, it became clear to us: We had probably traveled too long in the equator region, and hadn’t experienced any extensive dusk for a long time. This typical twilight, which now plunged entire buildings into a shining gold, paired with the warm but clear air blowing around us… it felt like being at home! For more than a year with summer temperatures we had homey summer evening feelings for the first time again.

What also inspired us about Seoul:

  • the streetfood paradise in the (Netflix-famed) Gwangjang Market and the food tour through it, without which we would certainly not have tried this national dish: Yukheo and Nakji tangtang yi, beef tartare garnished with a still wriggly octopus
  • the many charming centers of the city and its cafés, e.g. the hip Yongsan-gu with the cute cafés that fill the old Sinheung market with new life (impossible to find without the Oraegage walking tour booklet from the Tourist Information Center)
  • a walk through the Leeum Samsung Art Museum, which presents historical artifacts using state-of-the-art technology (sponsored by Samsung of course)
  • an interesting, but slightly disturbing tour into the Demilitarized Zone between North and South Korea; in fact we visited a country during the war, for the end of which the South Koreans have already built a border train station (but at the moment it can only function as a tourist attraction)
  • a visit to a K-performance musical; thanks to subtitles via tablet we even understood what it was about; without content we might have been able to concentrate even better on the dynamic and expressive performers
  • gazing at the enormous beauty of the many old palaces spread over town

Just in time to discover the versatility of South Korea, we left Seoul after five days (although most of the top sights were still on the to-do list). On our road and boat trip we experienced culture shocks of a very special, modern kind:

  • it was completely “new” for us to be able to cover several hundred kilometres in a few hours; with reliable departure and arrival times, but also with regular toilet stops (in Southeast Asia a bus would easily drive non-stop for 8 hours)
  • the toilet paper came back into the bowl everywhere, not into the trash can next to it; that this was not only unusual for us was proved by several signs that illustrated the correct procedure once again
  • hiking was again a do-it-yourself activity, which worked without a tour guide and payment checkpoints; and for which public transport was enough for arrival and departure
  • GoogleMaps was completely useless for route determination; KakaoMap worked much better, but understood English only poorly, so that the combination of both became our gold standard
  • back in the western world we had to deal with western prices again… we willingly shared one SIM card via hotspot instead of paying for two (30 days mobile internet cost us 43 €)

But not only the modern, also the ancient era surprised us. During our overnight stays in a traditional Hanok house we experienced painfully that words like “bed” or “mattress” are interpreted very minimalist (as “futon”). The kind nature and hospitality of the hotel owner made us forget the strains of the night quickly. In general, we were welcomed everywhere by very obliging people. In principle, the South Koreans seemed to be caring to us; together with their polite manner, this made them excellent hosts. Had it not been for the language barrier… we had to limit our expressions of gratitude and joy to the communication with hands and Google-translate.

From time to time, however, a South Korean was euphorically seeking conversation. Often this was explained by the fact that a big sip of beer or Makgeolli brought to light language skills that had been forgotten and at the same time reduced the polite distance. We also liked Makgeolli, the Korean rice wine, but the big storms of enthusiasm we had, once again, while eating. There were plenty of street food options and also many Buddhists. And if we have learned one thing, then this: where practicing Buddhists can be met, good vegetarian restaurants (“temple food”) are not far away (like the Dasoni on the island Jeju).

Even more highlights:

  • climbing the Ulsanbawi Rock in Seoraksan National Park, past the picturesque Buddhist monasteries
  • a day trip to Gyeongju, a “museum without a roof”, including a visit to the winding Bulguksa temple complex
  • walks in traditional Hanok villages, whether in Seoul, Jeonju or Gyeongju
  • local restaurants with Bibimbap on the menu; this mixture of rice and fresh vegetables was delicious and could be ordered vegetarian (at least we live in this belief)
  • Gimbap, the Korean sushi, had exactly what we often missed in Japanese sushi: more filling than rice, and our “king’s gimbap” was additionally wrapped in an omelette
  • a run along the trail around the Songaksan volcano on Jeju Island.